Musizieren 60+ bringt Lebensqualität im Alter

24.04.2016

"Mit der Arbeitstagung ist uns nach dem Auftakt 2012 der zweite Schritt der Information gelungen. Nun müssen wir dafür sorgen, dass das Thema in allen Kreisen der Gesellschaft bekannt wird. Denn wo immer sich Senioren im Alter musikalisch betätigen, erfahren sie einen Mehrwert für sich selbst und in der Gemeinschaft, in der sie sich bewegen.“ So lautet die Bilanz von BMR-Präsident Dr. Thomas Goppel am Ende der Arbeitstagung 2016 des BMR zum Thema „Musizieren 60+“.

Die Fachdisziplin Musikgeragogik ist noch sehr jung, das Bewusstsein für Musikbildung im Alter mit speziellen Formaten für aktiv Musizierende und Konzertbesucher nur in Fachkreisen ein Thema. Das zeigte die Arbeitstagung des Bayerischen Musikrats zum Thema „Musizieren 60+“ in Alteglofsheim. Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Forschung, Lehre und Konzertmanagement informierten Vertreter aus Bildungseinrichtungen, Verbänden und der Politik über Ausbildungsangebote und erprobte Modelle. 

Prof. Dr. Hans Hermann Wickel ist neben Prof. Dr. Theo Hartogh der Spezialist auf dem Gebiet der Musikgeragogik. Gemeinsam gründeten sie die Deutsche Gesellschaft für Musikgeragogik und entwickelten einen Studiengang an der Universität Münster. In seinem Einführungsvortrag informierte Wickel über den aktuellen Stand und zeigte die Chancen und Wege im Bereich Gesundheitsvorsorge, Pflege und Gesellschaft auf, die sich Menschen im Alter eröffnen, wenn sie aktiv musizieren.

Wie vielfältig die Möglichkeiten sind, erfuhren die Teilnehmer der Arbeitstagung auch an zahlreichen Beispielen aus der Praxis. Markus Adam vom Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen betonte, dass Musikschulen hinsichtlich der Zielgruppe stetig im Wandel seien ,und stellte Unterrichtskonzepte vor, die speziell für Senioren entwickelt wurden. 

„Herbstwind 55+“ ist der Name eines Seniorenorchesters im Allgäu-Schwäbischen Musikbund. Hans Orterer und Richard Maul erläuterten die altersgerechten Probenabläufe und zeigten die Chancen auf, die sich für Menschen ergeben, wenn sie vom Leistungsdruck befreit weiterhin ihre Musik umsetzen können. Der Chorleiter Sebastian Frank verwies in seinem Referat über die Chorarbeit mit Senioren auf die geänderte Zielsetzung. Mehrfach betonte Frank, dass nicht der genaue Ton im Vordergrund stehe, sondern das Singen an sich und die Freude beim Singen in der Gemeinschaft. 

Dass nicht nur das aktive Tun, sondern auch das Musikerleben eine große Bereicherung für ältere Menschen mit und ohne Demenz sein kann, erläuterten Verena Beyer und Mirjam Decker, derzeit noch Studierende an der Hochschule für Musik Würzburg. Unter Anleitung von Prof. Barbara Metzger und in Kooperation mit dem Mozartfest Würzburg entwickelten sie ein einstündiges Programm, das durch Ideenreichtum überzeugte. 

Barbara Metzger ist auch für den Zertifikationskurs Musikgeragogik in Bayern verantwortlich. In Zusammenarbeit mit dem Verband der Bayerischen Sing- und Musikschulen bildet sie Instrumentalpädagogen auf diesem Feld aus. In ihrem Vortrag stellte sie Rahmenbedingungen und Lehrgangsinhalte vor. Prof. Dr. Daniel Mark Eberhardt informierte über den Studiengang zur Musikpädagogik und Musikdidaktik mit Senioren als Partnern an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Bernhard van Almsick erklärte den qualifizierenden Lehrgang zur Chorarbeit mit Senioren, den die Landesmusikakademie Nordrheinwestfalen regelmäßig anbietet. 

Eine Mischung aus Live-Musik und Talk bot die Abendrunde am Freitag. Die Gesprächspartner erzählten von ihren Erfahrungen als aktiv Musizierender, als Konzertveranstalter, als Lehrender und als politisch Verantwortlicher. Für die Auflockerungen zwischendurch sorgte die Rentner-Rockband Bones Trader.

In der Abschlussrunde am Samstag hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, Politikern aus dem Landtag ihre Fragen zum Thema zu stellen. Dabei zeigte sich, dass Musikgeragogik in diesem Umfeld erst allmählich wahrgenommen wird und primär im Altenpflegebereich angesiedelt wird. 

BMR-Vizepräsident Wilhelm Lehr dankte in seinem Schlusswort allen Beteiligten und ermunterte alle, die bereits informiert sind, dazu beizutragen, dass andere davon erfahren.

Christiane Franke

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